Allerdings, beim genaueren Hinsehen beschreibt diese Aufzählung weitgehend nur normale Indentitätskonflikte. Mit dem Reden von der Multiplen Persönlichkeit ist aber etwas spezifisch elektronisches gesucht. Der Blick richtet sich also auf das Medium, auf den Vorgang des unterstellten Rollentausches im Netzwerk, auf das Signifikante Symbolsystem. Die Vermutung bleibt, daß mit dem Wechsel des Mediums grundlegend der Mechanismus der Kommunikation und damit in der Folge der der Indentitätsbildung berührt ist.

Hinter dem Reden von der Virtualität, der Simulation oder von den Multiplen Persönlichkeiten versteckt sich also eine grundlegende Erschütterung des Glaubens an den Automatismus der Kommunikation. Wahrheit, Wirklichkeit, Information oder Persönlichkeit, Bastionen der eigenen Kultur, treten im elektronischen System, von Kontext einer denkbaren internationalen Kultur entkleidet, lediglich als Zeichen auf. Sie erscheinen als das was sie schon immer waren, als Worte oder als Mythen. Hier geht es auch um die Angst, die entsteht, wenn scheinbare Sicherheiten zerbrechen, das Fremde aufscheint und der Mut zum Spielen fehlt.
(s. Heuerbach 1992)