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n0name newsletter #46 Fr., 29.08.2003 14:53 CET

Vom 12.-14.9.2003 sehen die Flaneurinnen und professionellen Touristen sich bitte

"> fake fire / friendly fire >> movie > game > play > perfomance > a weekend in september"

im Buero Friedrich, in der Holzmarktstrasse 15-18, S-Bahnboegen 53-54, 10179 Berlin an. Was dort interessiert sind Ueberlagerungen des normalen Stadtalltags mit den Techniken und der Kultur (?) des Kriegs und vice versa und wie das in verschiedenen Ansaetzen fuer Artefakte gezeigt werden kann ... m.a.W. schon Reality Hacking oder blosz Reflexzone? Matze Schmidt stellte "Macher" various-euro und "Spieler" Horrorkatze per E-Mail 3 Fragen.

Matze Schmidt (MS): "Urban Warfare" scheint, so zynisch das klingt, momentan ein hippes Thema zu sein. Geht es euch beim "friendly fire", das als Topos nicht erst seit dem letzten Golf Krieg als die 'irrste' Form militaerischer Gewalt, naemlich als Rueckschlag, bekanntgeworden ist, vor allem um die Aesthetik des Schreckens, der nun auch die vermeintlich sicheren Metropolen des Westens erreicht?

Horrorkatze (HK): friendly horror ist weder Fremdwort fuer uns, noch eine neue Erscheinung, sondern eher eine alltaegliche Ungezogenheit. Der integrativen Gewalt der demokratischen Propaganda haben wir beispielsweise die Funktionsweise unserer harmlos wirkenden Waffe "Bluete der Transparenz" abgeschaut. Die "Bluete der Transparenz" ist im Begriff die "Metropolen des Westens" zu vergiften.

various euro (ve): der zur zeit wieder aktuell gewordene bergiff 'urban warfare' verweist auf offensichtliche und bekannte zusammenhaenge zwischen dargestellter und ausgeuebter gewalt. 'urban warfare' hier gesehen als ein notwendiger, unvermeidbarer militaer-strategisch- taktischer und praktischer teil des 'miltary entertainment complex' (eine sehr schoene beschreibung fuer unsere derzeitige und zukuenftige gesellschaftsform, wie etwa der film starship-troopers [http://www.imdb.com/title/tt0120201] zeigt), den es positiv zu vermarkten gilt, also die ausblendung und simulation (ver-simulierung) von krieg (gesehen als akt/moment des toetens/sterbens in all seinen formen) in den medien (hier nachrichten- tv, radio, zeitung,...) und die gleichzeitige kontrollierte re-aesthetisierung in (spiel)-film oder spiel-(film), als helden-tat/tod (ein beispiel waere hier 'black hawk down', als hollywood-movie-blockbuster [http://www.sonypictures.com/movies/blackhawkdown] und delta-force- special-team game [http://www.novalogic.com/games/DFBHD], basierend auf dem einsatz von us-amerikanischen truppen bei einer un-mission in mogadishu, somalia in jahr 1993)(warum gibt es noch keinen stalingrad- shooter?!).

MS: Der Military Entertainment Complex, mit dem wir es auch in der BRD mehr und mehr tun haben, bringt es vielleicht nicht ganz auf die tatsaechlichen Verhaeltnisse, die man vielleicht praeziser als Militarisierung beschreiben koennte. Wird das von Euch reflektiert?

HK: Das ist natuerlich ein toller Begriff, der einen effektvollen Reiszschwenk von der Rhetorik vom Militaerisch Industriellen Komplex zur Unterhaltungsindustrie macht. Krieg ist eine der charakteristischen Eigenheiten der Menschheit, klar wird Krieg in allen Medien und 1000 Facetten hin-und-her reflektiert. Wenn man von Militarisierung der Gesellschaft spricht, warum sagt man dann nicht gleich, dasz diese Gesellschaft sich schon laengst im Krieg befindet?

ve: mit der fake fire / friendly fire - performance wird versucht genau dieses unsichtbarmachen, das ausblenden des krieges sichtbarerzumachen, also das symbolische spielen eines krieges im game-kontext, mit game- metaphern, als player-film-figur im stadtraum zu performen, hier speziell der potsdamer platz als 3d-architecture game-environment. darin eigebunden ist eine dokumentation (das drehen/recorden eines fake fire / friendly fire- movies), als ein artefakt, als ein simulierter beweis seiner existenz. eine niederlaendisch-franzoesische kuenstlergruppe influenza.com (http://www.flu01.com/) - arbeitet als sprayer/verteiler militaerischer symbole/ikonen im stadtraum als 'The Art of Urban Warfare' artofurbanwarfare.org, [http://aouw.org/]. jetzt in den kinos: s.w.a.t - even cops dial 911 - http://www. sonypictures.com/movies/swat/site/swat.php jetzt auf der konsole: swat - global strike team - http://swat.sierra.com

der titel fake fire / friendly fire - woertlich - unechtes feuer / freundliches/befreundetes feuer - als symbolisches schiessen in der/die realitaet, in die masse - referriert auf a.breton, als surrealistischer akt (siehe zweites manifest des surealismus von a.breton, 1930 - 'die einfachste surrealistische handlung besteht darin, mit revolvern in den faeusten auf die strasse zu gehen und blindlings soviel wie moeglich in die menge zu schiessen'), als ein willkuerliches, zielloses schiessen; und auf w.s.burroughs als ein schnitt/zerschneiden, ein eindringen in die begriffe/worte (hier: realitaet, simulation, spiel, film...) und in die uns umgebenden kontrollierenden bilder (wsb spricht in 'der job' von einem 'staendigem sperrfeuer von bildern', von einer bombadierung mit bildern, das alles in einen 'schleier huellt' - 'wir sehen nichts, wie einer der im smog umhergeht'), als cheated warrior im soft war (verweisend auf den fake im spiel - das cheaten - god mode) und bedient sich dabei einem begriff aus der kriegs-realitaet/sprache - eine besondere art des toetens - eigentore schiessen - als beispiel hierfuer auch der ego-shooter halflife (http://games.sierra.com/games/half-life), in dem zurueckgeschossen wird, wenn man als spieler auf mitarbeiter des firmen- eigenen sicherheitsdienstes (aus versehen) schiesst.

MS: Ihr sprecht auch von "miteinander spielen", ist das und der Ansatz des fake die Idee, Kriegstech umzuwerten? Geht es also um eine Art symbolische Konversion?

HK: Waffen sind Instrumente. Alles kann eine Waffe sein. An der Art einer Waffe kann man die Situation einer sozialen Konstellation ablesen. Eine Waffe versetzt einen in die Lage, zu handeln. Das mit dem Umwerten ist nicht so einfach, aber wir koennten Niemann I zum Einsatz bringen, unseren flexiblen Rezeptionskoerper, in Kombination mit Kessy, unserem Immunitaetsemitter. Koennte klappen.

ve: versuchsszenarien 03 - > fake fire / friendly fire ist die fortsetzung des im jahr 2002 in berlin begonnen austellungs-projekts versuchsszenarien (http://www.versuchsszenarien.de). es beschreibt kuenstlerische praxis als versuchsanordnung, den kuenstler als laborator, tueftler, forschender, experimentator (?!), der eigene wirklichkeiten simuliert. versuchsszenarien praesentiert und diskutiert kuenstlerische ansaetze verschiedener medialer herangehensweisen an best. themen. versuchsszenarien selbst ist als ein experiment anzusehen, als eine versuchsanordnung von verschiedenen praesentationsformen (austellung, performance - movie, videos, filme, installationen, game-lounge) zu best. themen; und als ein versuch eine/n kommunikations- struktur/raum, eine/n zone/treffpunkt des austausches (face to face meeting/real chatroom), fuer ein transnationales netzwerk zu eroeffnen.

themenschwerpunkte der im september stattfindenden versuchsanordung lassen sich mit den begriffen realitaet, simulation, virtualitaet, spiel und film markieren. dabei soll hier die gegenseitige wechselwirkung/ueberschneidung/verschiebung/vermischung dieser begriffe in bestimmten situationen untersucht werden und auch das aufnehmen/recording der situation (in der situation), das erschaffen einer situation und gleichzeitig die abbildung dieser, das erschaffen von artefakten (in diesem fall der film/filmen/schneiden, photos/fotografieren, aufnehmen,streamen,... der performance und anderer arbeiten und situationen waehrend des versuchs); das herstellen archivierbarer, vorfuehrbarer, rezipierbarer werke, das die konsturierte situation in einer best. weise wiederspiegelt, abbildet, darstellet - einen bestimmten beweis liefert, der seinerseits aber auch wieder ein film/photo/simulation ist - also nur ein best. ausschnitt/moment aus der erschaffenen realitaet/situation zeigt, ist ein weiter wichtiger bestandteil der untersuchung.

all die generellen, konkreten fragen: was ist spiel? was realitatet? usw. wo faengt realitaet an - wo simulation? wo hoert das eine auf - faengt das andere an? wo sind die grenzen, die schnittstellen, die uebergaenge? wie definiert sich realitaet im verhaeltnis zu simulation oder spiel? (spiel-realitaet) was ist das symbolische, das imaginaere, das moegliche, das unmoegliche, das virtuelle? was ist in diesem fall der film? oder auch das spiel (als film)- das agieren, das einnehmen einer best. rolle, das spielen/performen einer best.figur/ eines charakters? simuliert das spiel nicht eine realitaet? werden eroertert mit/ueber dem/das thema krieg. (kriegs-spiel(en) - kriegs-simulation/simulieren) - das implementieren von realitaet ins spiel - die abbildung von realitaet im (kriegs)-spiel. der krieg als spiel, als simulation, als training fuer kriegs-realitaet (als beispiel der shooter der us-army americas-army [http://www.americasarmy.com]). andersherum am potsdamerplatz - das verlagern des (kriegs)-spielens (des shooters-games) in den realen raum - in eine 3d-computergenerierte reale architektur, die wie eine spiel-architektur erscheint, eine kontextverschiebung von simulation und spiel(-realitaet) in den realen (simulierten) raum.

eine erste aktion unter dem titel friendly fire machte restate in wien im mq anlaesslich der austellung attac in der kunsthalle im mai dieses jahres - restate / friendlyfire (http://friendlyfire.restate.org).